Bei der Planung ihres Wohnhauses stand für die Familie Boss eine dauerhafte und nachhaltige Bauweise im Vordergrund. Mit dem Infraleichtbeton Holcim ThermoPact fand das Architekten-Ehepaar einen Baustoff, der ihre hohen Anforderungen erfüllte.
Bei dem Projekt handelt es sich um eine Doppelhaushälfte auf einem schmalen Baufeld von rund 480 Quadratmetern Fläche. Zu den Herausforderungen gehörte beispielsweise die Integration einer Tiefgarage, obwohl das Wohnhaus nur knapp sieben Meter breit sein durfte. Dabei ging es darum, das Auto aus dem Straßenbild verschwinden zu lassen und die von der Allgemeinheit genutzten Flächen für innovative Mobilitätskonzepte frei zu halten.
Kontakt
Björn Callsen
Business Development
Mobil +49 175 107 1473
Schon bei der Wahl des Baustoffs dachten die Bauherren im Entwurfsprozess an die Rückbaubarkeit des Gebäudes und die Einspeisung der Materialien in den Wertstoffkreislauf. „Wir haben den Ansatz des nachhaltigen Bauens von Beginn an verfolgt“, erklärt Constantin Boss. „Allerdings mussten wir bei unserer anfänglichen Recherche feststellen, dass die Kosten für Cradle to Cradle zu hoch sind und die Umsetzung aufgrund komplizierter Normen und fehlender Fachfirmen unmöglich wurde.“
Infraleichtbeton: Beitrag zur Kreislaufwirtschaft
Obwohl die Bauherren nicht die Idee vom klassischen Sichtbetonhaus hatten, kamen sie bei ihrer Recherche schließlich auf den Infraleichtbeton von Holcim, da dieser die definierten Anforderungen erfüllte. Die viel gröbere und natürlich anmutende Struktur, die durch die Zuschläge im Beton entsteht, macht den Baustoff zudem einzigartig. Die Funktion der massiven Wand inklusive Dämmeigenschaften wird quasi ablesbar.
„Wir haben den Ansatz des nachhaltigen Bauens von Beginn an verfolgt“
Da beim monolithischen Bauen mit Infraleichtbeton kein Dämmmaterial benötigt wird, lässt sich der Baustoff zu 100 Prozent recyceln und erfüllt so den Cradle to Cradle-Ansatz. Zum Vergleich: Bei Bauten, in denen externes Dämmmaterial eingesetzt wird, lässt sich die Kreislaufwirtschaft oft gar nicht umsetzen. Nach einem Abriss landen die Materialien auf dem Sondermüll.
Baugenehmigung
Da der Baustoff keine bauaufsichtliche Zulassung besitzt, muss bei der Verwendung eine Zustimmung im Einzelfall beantragt werden. Diese konnte von Holcim mit Unterstützung von Herrn Prof. Dr.-Ing. Thienel, Professor für Werkstoffe des Bauwesens an der Universität der Bundeswehr München, beim zuständigen Ministerium in NRW kurzfristig erwirkt werden und lag bereits lange vor Baubeginn vor. Es handelt sich hier um die erste ZiE/vBg für die Verwendung von Infraleichtbeton in Nordrhein-Westfalen.
Garten verbindet unterschiedliche Konzepte
Die Planung des Projekts übernahm das Architekten-Ehepaar in seiner Freizeit – neben der täglichen Arbeit in den jeweiligen eigenen Büros. Die Vorabrecherche im Bauaktenarchiv diente als Inspiration für die neue Doppelhaushälfte. Rundbogen, runde Fenster und Elemente des Wohnhauses von 1933 wurden so mit kubischer Großflächigkeit (Fenster über zwei Geschosse und große Gauben) kombiniert und so zu einem neuen Entwurf.
Der Hauseingang befindet sich, wie beim ursprünglichen Wohnhaus, an der nach Osten ausgerichteten Giebelwand. In Verlängerung des Eingangs befindet sich ein rund zehn Meter hoher Glasbaustein-Erker, der die Rundung mit rechteckiger/quadratischer Form kombiniert – dieser bringt Licht ins Innere des Wohnhauses, vergrößert die interne Erschließungsfläche auf den Etagen und bietet gleichzeitig Sichtschutz vor den Blicken der Nachbarn aus angrenzenden Wohnhäusern.
1/3
Ebenfalls einzigartig ist der transparente Blick auf die Straße. Als erstes Haus des Straßenzugs versteckt sich dieses nicht hinter einer hohen Mauer oder Hecke. Das Küchenfenster bietet so einen offenen Blick auf die Straße und ist damit namensgebend für den Arbeitstitel des Projekts als „Pförtnerhaus“.
Während der Innenbereich Akzente von Pastellfarben aufweist, gehen die unterschiedlichen Konzepte von Innen und Außen im Wohnbereich ineinander über. Dabei fungiert der Garten durch die große Verglasung, die ihn zu einem Teil und gleichzeitig zu einer Erweiterung des Wohnzimmers werden lässt, als zentraler Ort des stilistischen Konzepts.
Sichtbeton als technische Herausforderung
Über Sascha Hartjes (Vertriebsaußendienst Transportbeton) von Holcim landete Familie Boss bei Björn Callsen vom Business Development. „Wir haben Herrn Boss unsere Lösung vorgestellt, die eine mobile Mischanlage sowie das Produkt ThermoPact beinhaltete“, so Callsen. „Von diesem Paket war Herr Boss sehr angetan und wir haben den Lieferauftrag erhalten.“
Nachdem die Zulassung für den Baustoff in Zusammenarbeit zwischen Familie Boss und Holcim erwirkt werden konnte, startete die Belieferung mit ThermoPact im September 2021. „Insgesamt wurden 120 Kubikmeter des Infraleichtbetons geliefert“, sagt Björn Callsen. „Da auf der Baustelle relativ wenig Platz war, haben wir die Mischanlage auf unserem Standort Langenfeld im Nachbarort aufgebaut.“
Bei der Schalung entschied man sich für den Einsatz einer Großflächenschalung, die einseitig mit für den Innenausbau zugelassenen und damit schadstoffarmen Spanplatten belegt wurde. Die Platten betonen die grobe Struktur und die Optik des Baustoffs, die im ausgeschalten Zustand an große Eiskristalle erinnert. Da Infraleichtbeton sich anders verhält als gewöhnlicher Beton, waren der erste Betonierabschnitt und die erste Ausschalung für alle am Projekt Beteiligten ein Abenteuer – mit erfolgreichem Ausgang.
Am Ende waren beide Seiten sehr zufrieden. „Die Zusammenarbeit hat reibungslos funktioniert“, freut sich Boss. „Die Geschäftsbeziehung zwischen der familiengeführten Bauunternehmung und Holcim besteht seit Jahrzehnten. Holcim war auch bei diesem im Vergleich kleinen Projekt sehr engagiert. Einer weiteren Zusammenarbeit in der Zukunft steht deshalb nichts im Wege.“
Mehr Infos
Infraleichtbeton absorbiert Schall, reguliert die Feuchtigkeit und besticht durch seine hervorragende Wärmedämmeigenschaft. Nach dem Ausschalen ist er komplett fertig und es wird kein zusätzliches Dämmmaterial gebraucht. Insgesamt werden so weniger Gewerke benötigt, denn der Sichtbeton muss nicht gestrichen oder verputzt werden. Da nur ein Material verwendet wird, wird auch der Gedanke der Kreislaufwirtschaft gewahrt. Durch die Verwendung von Blähglas ist der Infraleichtbeton zudem sehr leicht und durch die geringe Wasseraufnahme sinkt das Risiko einer Schimmelbildung.