Der CO₂-Fußabdruck der Baustoffindustrie ist derzeit noch zu groß. Um diesem Trend entgegenzuwirken, möchte Holcim bereits bis zum Jahr 2027 das erste klimaneutrale Zementwerk Deutschlands errichten. In Lägerdorf trafen sich CEO Thorsten Hahn und seine Kollegen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sowie dem Abgeordneten Mark Helfrich, um die Pläne für die Dekarbonisierung zu besprechen.
Der erste Schritt hin zu einem klimaneutralen Zementwerk in Deutschland ist gemacht. In Lägerdorf soll bis zum Jahr 2027 die Dekarbonisierung vorangetrieben und der Standort dementsprechend umgebaut werden. Dieses Vorhaben ist gleichzeitig eines der Fundamente für den Plan von Holcim, die Transformation in ein klimaneutrales Unternehmen bis 2050 zu schaffen.
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Dass diese Umbaumaßnahmen hohe Kosten verursachen, soll dabei nicht zu einem Stolperstein werden. Im August 2020 gab es bereits eine Förderzusage des Bundeswirtschaftsministeriums. “Diese Transformation wird sehr viel Kapital brauchen. Da ist es natürlich wichtig, dass das Kapital den Weg an die richtigen Stellen findet”, erklärt Holcim-CEO Thorsten Hahn gegenüber ZDFzoom.
Windenergie – Wasserstoff – Methanol
Um sich im Detail darüber auszutauschen, wie die Industrie die Dekarbonisierung erfolgreich vorantreiben kann, trafen sich Thorsten Hahn, Torsten Krohn (Werksleiter), Arne Stecher (Leiter Dekarbonisierung) und Erik Jantzen (Projektleiter) am Standort in Lägerdorf mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sowie dem Bundestagsabgeordnete Mark Helfrich (Wahlkreis Steinburg – Dithmarschen).
„Wenn wir in klimafreundliche Lösungen investieren, brauchen wir die Sicherheit, dass unsere Produkte nicht durch klimaschädlichere mit niedrigeren Preisen ausgestochen werden.“
Der Plan sieht es vor, dass der Standort in Lägerdorf bereits 2027 als erstes Zementwerk in Deutschland klimaneutral arbeiten wird. Dafür arbeitet Holcim gemeinsam mit weiteren Partnern des 2019 in Schleswig-Holstein gebildeten Projekts “Westküste 100” (Reallabor der Energiewende) sowie des europäischen Projekts “HyScale100” (Important Project of Common European Interest, IPCEI) daran, eine Wasserstoffwirtschaft in Schleswig-Holstein aufzubauen. Die Projektpartner von HyScale100, Orsted, Hynamics und Raffinerie Heide, waren beim Ministerbesuch ebenfalls durch ihre Geschäftsführer vertreten.
Im Rahmen des Projekts wird – vereinfacht ausgedrückt – aus Offshore-Windenergie grüner Wasserstoff produziert. Anschließend geht es darum, den bei der Elektrolyse ungenutzten Sauerstoff für die Befeuerung des Ofens im Zementwerk zu verwenden. Durch diesen Vorgang entsteht im Verbrennungsprozess hochreines CO₂, das in der Zementproduktion prozessbedingt unvermeidbar ist. Im Brennprozess abgeschieden, kann das CO₂ durch seinen hohen Reinheitsgrad für die Herstellung von Methanol genutzt werden – Methanol ist wiederum ein hochwertiger Ersatz für Erdöl. Dank dieser Eigenschaft ist das Produkt attraktiv für die Kunststoffindustrie und kann als Treibstoff aufbereitet werden. Das CO₂ aus dem Zementwerk wird also zum Rohstoff, das Werk arbeitet klimaneutral.
Rahmenbedingungen müssen stimmen
Technisch ist dieses sogenannte Oxyfuel-Verfahren schon heute umsetzbar. Der Erfolg der industriellen Dekarbonisierung ist jedoch abhängig davon, dass die notwendigen finanziellen und regulatorischen Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene geschaffen werden. Auch darüber tauschten sich Politiker und Unternehmensvertreter in Lägerdorf aus.
Ebenfalls im Fokus standen die klimafreundlichen Zemente von Holcim, über deren Realisierung Thorsten Hahn berichtete. Die Produktserie ECOPlanet verzichtet in der Herstellung auf Zementklinker und baut auf umweltverträglichere Ersatzstoffe sowie die Optimierung von Betonrezepturen. Um diese Maßnahmen zu fördern, kann die Politik eine Vorreiterrolle einnehmen, indem etwa in öffentlichen Ausschreibungen klimafreundliche Produkte priorisiert und Normen zu deren Gunsten geändert würden.
Große Übereinstimmung
“Wir danken dem Minister und dem Abgeordneten für ihren Besuch, bei dem wir viele Gemeinsamkeiten festgestellt haben”, fasst Thorsten Hahn den Besuch zusammen. “Wir sind uns einig darüber, dass es wirtschaftlich attraktiver sein muss, eine Tonne CO₂ zu vermeiden, als eine Tonne CO₂ zu emittieren – etwa durch höhere CO₂-Bepreisung. Die politischen Rahmenbedingungen müssen dabei für Chancengleichheit sorgen: Wenn wir in klimafreundliche Lösungen investieren, brauchen wir die Sicherheit, dass unsere Produkte nicht durch klimaschädlichere mit niedrigeren Preisen ausgestochen werden. Denn damit wäre niemandem geholfen, am wenigsten dem Klima.”
Mark Helfrich schlug nach dem Besuch in die gleiche Kerbe: „Der Holcim-Standort Lägerdorf hat gute Chancen, Deutschlands erstes klimaneutrales Zementwerk zu werden. Dass diese Perspektive ausgerechnet in Lägerdorf entwickelt wird, ist für mich kein Zufall. Die schleswig-holsteinische Westküste gehört mit mehreren Modellprojekten inzwischen zu den Vorreitern im Bereich grüner Wasserstoff. Hier entsteht ein Kompetenz-Cluster von überregionaler Bedeutung, das es weiter zu stärken gilt. Jeder neue Baustein ist dafür ein wichtiger Beitrag. Insofern begrüße ich die Pläne von Holcim für unsere Region ausdrücklich.“